Kommentar |
Auch 30 Jahre nach der Friedlichen Revolution 1989 ist der Erfolg und der Umgang mit den Folgen des DDR-Spitzensports hoch aktuell und politisch brisant. Der DDR-Leistungssport war Aushängeschild im Kampf um die internationale Anerkennung und zum Sieg des Sozialismus. Dahinter steckte ein effizientes, perfides und aufeinander abgestimmtes Netzwerk aus Politik, Sportfunktionär*innen, Staatssicherheit und Wissenschaft. Der ab 1974 eingeführte „Staatsplan 14.25“ organisierte beispielsweise das flächendeckende Zwangsdoping bei ca. 15.000 Kaderathlet* innen (vgl. Geipel 2017 o. S.). Tägliches, intensives Training, psychische und physische Grenzüberschreitung durch Schutzbefohlene wie Trainer*innen, Verzicht, Einsamkeit, Doping und Gewalt auf der einen Seite, auf der anderen sportlicher Erfolg, Anerkennung und Förderungen – das sind die Erfahrungen vieler DDR-Spitzensportler*innen. Das hinterlässt Spuren, die bis heute wirken. André Keil und Benjamin Unger begleiteten vier Frauen über ein Jahr mit ihrer Kamera. 2018 wurde der einstündige Dokumentarfilm „Kraftakt“ in Schwerin uraufgeführt, der die Wunden und Verletzungen aufzeigt, das Schweigen und die Scham, aber auch die Wut über eine für sie verlorene Kindheit. „Das Schlimmste ist, dass ich damals wie heute kein selbstbestimmtes Leben habe“, so Dörte Thümmler, eine der porträtierten Turnerinnen. In der Lehrveranstaltung wird der Film gezeigt. Anschließend soll mit dem Filmautor, André Keil, über die Folgen des erlebten Unrechts und die bis heute wirkenden Traumatisierungen diskutiert werden. Die Moderation übernimmt Dipl. Sozialökonomin Silke Gajek, MA Social Work-Studentin der Hochschule Neubrandenburg. Die Veranstaltung erfolgt in Kooperation mit dem NDR.
Referent: NDR-Journalist André Keil
Moderation: Silke Gajek, 3. Vizepräsidentin des 6. Landtages Mecklenburg-Vorpommern |